17. Juli 2023 | Serielles Bauen

Vom Modul zum Quartier

Im Bremer Stadtteil Vegesack entsteht derzeit ein Quartier mit historischen Wurzeln. Dabei entschieden sich Auftraggeber und Architekt*innen für massive Modulbauwände aus Kalksandstein. Sebastian Schumacher, Geschäftsführer der KS-Modulbau GmbH & Co. KG, erläutert im Interview, inwiefern der Einsatz vorgefertigter Mauertafeln den Bauablauf eines ganzen Quartiers erleichtern kann.

Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihren Modulbauwänden?

Die im Juni 2021 gegründete KS-Modulbau ist ein Lösungsanbieter im Mauerwerksbereich. Unser Ziel ist, den gesamten Bauprozess zu verschlanken und nicht nur den Fachkräftemangel am Bau zu kompensieren, sondern auch ein attraktiveres und ergonomischeres Arbeiten zu erreichen.

Wie erfolgt die Vorfertigung im Werk, und wie hoch ist der Individualisierungsgrad der Wände?

Sebastian Schumacher, Geschäftsführer der KS-Modulbau GmbH & Co. KG

Sebastian Schumacher, Geschäftsführer der KS-Modulbau GmbH & Co. KG

Wir mauern die Wände mit Unterstützung eines Halbautomaten. Im Vergleich zum traditionellen Mauern auf der Baustelle erreichen wir dadurch eine enorme Zeitersparnis und sind witterungsunabhängig, und das bei einer konstanten industriellen Präzision. Wir können Wände bis zu 6 m Breite und 3,7 m Höhe in allen Wanddicken herstellen. In der Entwicklungsphase haben wir hierfür Mittelformate verwendet, die nun durch die XL-Formate dauerhaft abgelöst werden. Fenster- und Türöffnungen inklusive Einbau von Stürzen sowie Schräg- und Giebelschnitte sind ebenso möglich. Darüber hinaus können wir Maueranker und Durchführungen für TGA-Sonderteile wie Lüfter individuell realisieren.

vorgefertigte Mauerwerkstafeln aus KS auf der Baustelle Hartmannstift in Bremen

Mit den vorgefertigten Mauerwerkstafeln konnte die Bauzeit um ein Fünffaches verkürzt werden. Zusammen mit dem sanierten und energetisch ertüchtigten Altbau schaffen die Neubauten Platz für rund 70 Wohnungen. Das Bauvolumen umfasst rund 9.500 m² BGF.

Welche Vorarbeit wird auf der Baustelle benötigt, um die Module zu setzen?

Unsere Wände werden mittels Innen- oder Tiefladern und offenen BDF-Containern angeliefert. Pro Innenlader können wir durchschnittlich vier Wandmodule liefern. Wir benötigen ausreichend Platz, um die Innenladerpaletten vor Ort abzustellen. Außerdem wird ein ausreichend großer Kran benötigt, der die Wände versetzen kann – wir sprechen hier von sechs bis acht Tonnen pro Wand. Eine Einweisung in das Aufstellen der Wandmodule erfolgt dann durch unsere technischen Berater. Es wird kein Spezialwerkzeug benötigt, und Fachkräfte sind nicht zwingend erforderlich. Die Positionierung der Module wird im Vorfeld angelegt, im Anschluss werden die Elemente im Mörtelbett ausgerichtet und mit Schrägstützen gesichert.

Baustelle Hartmannstift in Bremen Vegesack

Ebenso regional wie der äußere Abschluss der Neubauten ist auch ihre massive Kalksandstein-Tragstruktur: Fertigung und Ausführung sind neu, denn die Steine wurden bereits im Werk zu fertigen Wandmodulen inkl. Tür- und Fensteröffnungen verarbeitet.

Was war im Falle des Hartmannstifts in Bremen-Vegesack an Individualisierung zu leisten? Und inwiefern konnte die KS-Modulbau die Arbeit auf der Baustelle erleichtern?

Beim Neubauprojekt Hartmannstift haben wir aufgrund der Grundrissplanung und der zulässigen Kranlasten sowohl längere als auch relativ kleine Mauertafeln vorgefertigt. Diese wurden mit großformatigen KS-QUADRO Elementen erstellt. Zur Überdeckung von Öffnungen wurden KS-Flachstürze eingebaut. Individuell geplante Wanddurchbrüche wurden bei der Herstellung der Mauertafeln bereits berücksichtigt, ebenso die vielen Stahlbetonüber- und -unterzüge. Der Bauablauf war trotz kleinerer vorgefertigter Wandmodule in den Außenwänden gegenüber der herkömmlichen Bauweise fünfmal schneller.

Hartmannstift Bremen Vegesack KS-Modulbau Visualisierung

Das 1887 als Stadtkrankenhaus eröffnete Hartmannstift in Bremen- Vegesack stand bereits lange leer, als die Projektgesellschaft Hartmannstift GmbH & Co. KG sich gemeinsam mit der PROCON Realisierungsgesellschaft mbH das Grundstück erwarb.

Hartmannstift Bremen Vegesack KS-Modulbau Rendering

Die Planung des im Bau befindlichen Stadtquartiers Hartmannstift geht auf SCHÖNBORN SCHMITZ Architekten zurück. Das Areal soll zu einem durchmischten Wohngebiet mit Kita und Tagespflege umgewandelt und der Stiftungsbau wieder sichtbarer werden.

Abschließend noch ein Blick in die Zukunft: Ist eine Weiterentwicklung der Modulbauwände geplant?

Ja. Vor Kurzem haben wir ein erfolgreiches Pilotprojekt mit einer im Werk aufgebrachten Sockelabdichtung durchgeführt, die inzwischen marktfähig ist. Auch Luftschichtanker werden bereits werkseitig mit eingebaut. Eines unserer kurzfristigen Ziele ist, Leitungen für TGA und Strom mit einzufräsen, da dies hinsichtlich Kraftaufwand und Staubentwicklung eine große Herausforderung auf den Baustellen darstellt. Durch unsere industrielle Fertigung können wir die entsprechenden Schritte vor Ort minimieren oder sogar einstellen. Mittelfristig möchten wir auch Türen und Fenster mit einbauen. Gerade das ist aufgrund immer größer und schwerer werdender Fenster- sowie Türelemente eine logistische Herausforderung auf den Baustellen.

Bauaufgabe
Wohnungsbau
Lage
Bremen
Architektur/Bauplanung
Schönborn Schmitz Architekten
Fertigstellung
2025

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