Kräuterterrassen Dresden

Die neuen Kräuterterrassen: Von der Platte zum nachhaltigen Wohnquartier

Nach drei Jahren Bauzeit hat die EWG Dresden im Stadtteil Gorbitz die „Kräuterterrassen“ fertiggestellt: Ein Wohnquartier, das den Charakter der angrenzenden Plattenbau-Siedlung, der „Kräutersiedlung“, aufnimmt und architektonisch gekonnt neu interpretiert. Insgesamt wurden 184 Mietwohnungen realisiert, die mit unterschiedlichen Wohnkonzepten punkten und Familien, Singles, Paaren und Senioren qualitativ hochwertigen, gleichzeitig aber bezahlbaren Wohn- und Lebensraum bieten.

Damals standen im Ortsteil Gorbitz am westlichen Rand der Dresdner Innenstadt noch viele Beton-Blöcke der bis zu elfgeschossigen Plattenbauten, die zu DDR-Zeiten in Zusammenarbeit mit der TU Dresden und der Deutschen Bauakademie entwickelt worden waren. Nach der Wende kam für viele Dresdner das Wohnen in Gorbitz nicht infrage und so reduzierte sich die Einwohnerzahl von rund 35.000 auf unter 20.000. Heute sieht es in der ehemaligen Plattenbausiedlung längst nicht mehr so aus wie damals und die Einwohnerzahlen von Gorbitz steigen. Auch städtebaulich hat sich im Dresdner Westen viel getan: Zahlreiche Wohnblöcke, darunter auch der Plattenbautyp der Wohnbauserie (WBS) 70, wurden modernisiert, teilweise rückgebaut. Der Stadtteil wächst wieder – und damit der Bedarf an neuem Wohnraum.

Bezahlbarer und zeitgemäßer Wohnraum

Bereits Anfang 2000 hat die EWG einen großen Teil zur Aufwertung des plattenbaugeprägten Stadtteils beigetragen und die herausfordernde, gleichzeitig aber potenzialreiche Lage erkannt: Der erste große Schritt wurde mit der Sanierung und Modernisierung der „Kräutersiedlung“ – einem alten WBS 70-Quartier – gesetzt. Die oberen drei Geschosse der Plattenbauten wurden abgetragen, Grundrisse neu gestaltet. Für die umfangreiche Modernisierung wurde die EWG 2002 mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet. Auf einem direkt angrenzenden, brachliegenden Grundstück auf dem zuvor Plattenbauten standen, erweiterte die EWG nach reifer Überlegung die Kräutersiedlung. „Unser Ziel war es, den Charakter der bestehenden Siedlung aufzugreifen, diesen aber architektonisch vollkommen neu zu interpretieren“, berichtet Dipl Ing. Claudia Floßmann, die als Projektleiterin bei der EWG tätig ist. „Uns war bewusst, dass die Integration des neuen Quartiers in das bestehende Siedlungsgefüge eine Herausforderung werden würde. Zusätzlich galt es besonders wirtschaftlich zu bauen ohne Aspekte wie Ökologie und Werthaltigkeit aus dem Blick zu verlieren.“

Kräuterterrassen Dresden

Die Sanierung und Modernisierung der Kräutersiedlung wurde 2002 realisiert. Die oberen Etagen der Plattenbauten des Typs WBS 70 wurden zurückgebaut. Auf dem angrenzenden Grundstück wurden die Kräuterterrassen realisiert.

Kräuterterrassen Dresden

Die Kräuterterrassen mit 184 Wohnungen: Drei große und zwei kleinerer Stadthäuser sowie zehn Gartenhäuser wurden terrassenförmig am Hang errichtet.

Kräuterterrassen Dresden

Parkbänder verbinden Garten- und Stadthäuser. Sie werden zum zentralen Aufenthaltsbereich und schaffen großzügige Begegnungszonen.

Neues Quartier beeindruckt nachhaltig

In drei Bauabschnitten erweiterte die EWG die Kräutersiedlung. Die neuen „Kräuterterrassen“ werden durch 15 großzügige, terrassenförmig am Hang errichtete Mehrfamilienhäuser gebildet. 184 genossenschaftliche Mietwohnungen in Größen von 56 bis zu über 120 m² bieten sowohl Familien als auch Senioren und Singles bezahlbaren Wohnraum. Für die Planung der zehn Gartenhäuser, die senkrecht zu den Straßen angeordnet sind, der drei großen Stadthäuser mit 66 Wohnungen und der zwei kleineren Stadthäuser in Punktform war das Büro IGC Ingenieurgemeinschaft Cossebaude verantwortlich. Die Neubausiedlung überzeugt durch eine klare Raumbildung in der Zuweisung von öffentlich nutzbaren Flächen und Privatheit. „Der Quadratmeterpreis für die Wohnungen liegt unter 10 Euro Kaltmiete“, so Claudia Floßmann. „Damit liegen wir weit unter dem durchschnittlichen Netto-Mietpreis in Dresden.“

Kräuterterrassen Dresden

Die einladende Stimmung wird durch großzügige Gemeinschaftsbereiche geschaffen: Spielplätze und ein Outdoor-Fitnessbereich sorgen für Abwechslung.

Naturnahes Konzept mit viel Freiraum

Besonderes Augenmerk lag neben dem Wohnungsmix für die angestrebte soziale Durchmischung auf der Gestaltung der Gemeinschafts- und Freiräume: Während die Wohnungen in den oberen Etagen über Balkone oder Dachterrassen verfügen, können sich die Mieter der Erdgeschosswohnungen in kleinen Mietergärten und auf Terrassen erholen. Innerhalb des Quartiers gibt es gemeinschaftliche Ruhe- und Kommunikationszonen in Form breiter Parkbänder. Kinderspielplätze und ein Outdoor-Fitnessbereich sorgen für willkommene Abwechslung.

 

Die Gebäude umschließen jeweils paarweise einen kleinen Kräuterhofgarten, in dem ein Kraut – Lavendel, Melisse, Salbei, Minze und Rosmarin – Hauptbestandteil der Bepflanzung ist. Fassadenelemente und Hofbepflanzung wurden passend zum Konzept farblich aufeinander abgestimmt und geben den Höfen ihre Einzigartigkeit. Die Namensgebung erfolgte ebenfalls in Anlehnung an die Kräutersiedlung aus Plattenbauzeiten und nimmt gleichzeitig Bezug auf die terrassenförmige Anordnung der Neubauten. „Wir konnten hier ein Quartier realisieren, das einladend und großzügig gestaltet ist, und in dem sich unsere Mieter sehr wohl fühlen“, sagt Claudia Floßmann. „Es ist uns gelungen, Wohnräume zu schaffen, die Privatheit und Erholung bieten und gleichzeitig Gemeinschaft und Nachbarschaft fördern.“ 

Kräuterterrassen Dresden

Die kleineren Gartenhäuser bilden paarweise die „Kräuterhöfe“. Diese Häuser sind vorwiegend für Familien vorgesehen und bieten mit den abgegrenzten Innenhöfen, Terrassen und kleinen Sandkästen eine nachbarschaftliche Atmosphäre.

Kräuterterrassen Dresden

In jedem Kräuterhofgarten ist eine andere Sorte Hauptbestandteil der Bepflanzung: Lavendel, Melisse, Salbei, Minze und Rosmarin nehmen direkten Bezug zur Kräutersiedlung.

„Wirtschaftlich und qualitätsvoll Bauen.“ 

Auch ökologische Gesichtspunkte spielten bei der Quartiersentwicklung eine entscheidende Rolle: So wurden beispielsweise die Dächer der Fahrradgaragen begrünt, für das Hauslicht wird Solarenergie genutzt. Und auch bei der Wahl der Baustoffe zur Realisierung der Mietwohnungen setzte die EWG auf Nachhaltigkeit. „Wir planen immer langfristig. Unser Ziel ist es kosteneffizient  qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen.“ Damit das großangelegte Neubauprojekt wirtschaftlich errichtet werden konnte, fiel die Entscheidung auf die massive KS-Bauweise mit großformatigen Kalksandstein-Planelementen des Bausystems KS-PLUS. „Wir wollten keine Kompromisse in punkto Schall-, Brandschutz oder Wohnkomfort eingehen“, berichtet Claudia Floßmann. 

Gerade der Wohnkomfort ist ein Aspekt, der für die EWG von großer Bedeutung ist. „Durch seine hohe Rohdichte und Steindruckfestigkeit verfügt Kalksandstein über eine hohe Tragfähigkeit und ermöglicht schlanke Wandkonstruktionen. Unsere Wohnungen sollen modern, hell und lichtdurchflutet sein. Mit Kalksandstein haben wir auch bei 24er Mauerwerksstärken die Möglichkeit, Lastabtragungen für große Fensterelemente zu gewährleisten und größere Spannweiten für Deckenkonstruktionen zu erzeugen“, weiß Claudia Floßmann. „Gleichzeitig sorgt seine hohe Wärmespeicherfähigkeit ganzjährig für behagliches Wohlfühlklima: Ausschlaggebend hierfür ist der ausgezeichnete sommerliche und winterliche Wärmeschutz.“ 

Kräuterterrassen Dresden

Die hohe Rohdichte und Steindruckfestigkeit von Kalksandstein gewährleisten die entsprechenden Lastabtragungen für die geplanten großen Fensteröffnungen, während die Wärmespeicherfähigkeit ganzjährig für ein Wohlfühlklima sorgt.

Kräuterterrassen Dresden

Maximale Vereinfachung und Verkürzung der Arbeitszeiten auf der Baustelle: Mit dem Versetzkran können in einem Hub bis zu 0,650 m² Mauerwerk versetzt werden.

KS-PLUS Planelemente

Effizient: KS-PLUS Passelemente werden bedarfsgerecht zugeschnitten und „just-in-sequence“ auf die Baustelle geliefert. Die Planung des Mauerwerks erfolgt in Form von übersichtlichen Verlegeplänen.

Massive Zeiteinsparungen durch solide KS-Bauweise

Auch eine weitere Herausforderung, die bereits zum Anfang des Bauvorhabens auftrat, konnte mithilfe der KS-Bauweise und durch den wirtschaftlichen Einsatz der großformatigen Kalksandstein-Planelemente gelöst werden: Der erst während des Projektbeginns im Baugrund entdeckte Lehmboden machte die Gründung komplizierter und dadurch langwieriger als geplant. „Aufgrund der Bodenbeschaffenheit haben wir duktile Gusspfähle als Gründungspfähle einsetzen müssen. Diese wurden mit einer hydraulischen Ramme eingestemmt, mit Beton verfüllt und danach mit einer Kopfplatte versehen, die im Beton verankert wurde“, erzählt Floßmann. „Durch die schnelle Verarbeitung der KS-Planelemente für die Innen- und Außenwände, die „just in time“ auf die Baustelle geliefert und mithilfe der Verlegepläne einfach und schnell mit den Versetzgeräten erstellt wurden, konnte unser Generalunternehmer die verlorene Zeit problemlos wieder aufholen.“ 

Die Kräuterterrassen wurden noch vor der geplanten Fertigstellung realisiert. Durch das neue Wohnquartier setzt die EWG einen weiteren Meilenstein zur Attraktivitätssteigerung von Gorbitz: Mit einem nachhaltigen Quartier, das die Vergangenheit der einstigen Plattenbausiedlung zwar nicht verleugnet, dieser aber überaus zeitgemäß und zukunftsfähig begegnet.

Der Kopf hinter dem Projekt

Dipl. Ing. Claudia Floßmann hat an der Bauhaus-Universität Weimar Ingenieurwissenschaft mit den Schwerpunkten Bauwesen/Baustoffe studiert und ist bereits seit über 13 Jahren als Projektleiterin bei der EWG tätig. Mit knapp 9.000 Wohnungen zählt die EWG Dresden eG (ewg-dresden.de) zu den größten Genossenschaften in Dresden. Der überwiegende Teil des Wohnungsbestandes, ca. 6.000 Wohnungen, konzentriert sich am Plattenbau-Standort Gorbitz. Rund 10.000 Genossenschaftsmitglieder wohnen derzeitig in EWG-Wohnungen. Vor 20 Jahren startete die EWG ein Programm für den aufwertenden Stadtumbau von Gorbitz mit dem Ziel, durch attraktive, vor allem aber bezahlbare Wohnungen und lebenswerte Freiräume den Stadtteil weiter zu beleben.

Bauaufgabe
Wohnungsbau
Lage
Dresden
Architektur/Bauplanung
IGC Ingenieurgemeinschaft Cossebaude GmbH
Bauunternehmen
Wolff & Müller Hoch- und Industriebau GmbH & Co. KG
Bauherr
EWG Dresden eG
Grundfläche
15574.00m²
Fertigstellung
2020

ARTIKEL TEILEN

Projekt einreichen oder kommentieren.

Melden Sie sich an oder registrieren Sie sich, um eigene Projekte einzureichen oder diesen Artikel zu kommentieren.

Alle Projekte auch hier auf unserem Pinterest-Kanal